Auf vielen Internetseiten wirst Du gelesen haben, dass nach 4 Wochen der Trainingsplan komplett gewechselt werden sollte. An jedem Ort, wo ich bisher trainiert habe, scheint die 4 Wochen Regel die universale Formel zu sein. Wenn Du es anders machst, dann stagniert Dein Trainingsfortschritt. Das Credo lautet: Wechsle das Training, damit sich Dein Körper nicht daran gewöhnt und neue Reize geschaffen werden können.
Lass mich hier offen sein: Man kann dies so pauschal nicht sagen und es kommt immer auf das Individuum an. Nach Meinung vieler Experten einschliesslich meiner langjährigen Erfahrung ist die Aussage nicht korrekt.
Weshalb ist es eine Trainingslüge? Versetzen wir uns virtuell ins Gym. Dein Trainer macht Dir einen neuen Trainingsplan, Du bist nun in der ersten Woche. Auf dem Plan steht Bankdrücken.
Dein Leistungsoutput wird ziemlich schlecht sein, ganz einfach darum, weil sich die Übung ungewöhnlich anfühlt und von der Technik her noch Fehler auftreten. Das ist absolut normal, da Dein Körper neue Bewegungsabläufe abrufen muss, an welche er noch nicht gewohnt ist.
Vor ein paar Wochen habe ich nach jahrelanger Pause wieder mit dem Langhantel Schrägbankdrücken begonnen. Normalerweise kann ich über 160 Kg Bankdrücken.
Es stellte sich heraus, dass 90 Kg auf 10 Wiederholungen schon eine grosse Herausforderung für mich darstellten.
Du merkst, in der ersten Woche ist selbst bei mir die Leistung bescheiden. In der zweiten Woche fühlt sich das schon besser an, Du hast Dich bereits ein wenig an das Bewegungsmuster gewöhnt und Du bist schon mehr in einem Flow. Als Folge kannst Du Deine Gewichte steigern. In der dritten Woche ist Dein Nervensystem noch effizienter: Es findet eine bessere Synchronisierung der Muskelfasern statt und es können mehr schnelle Fasern (fast-twitch) rekrutiert werden. Schau her, in der dritten Woche kannst Du Deine Leistung deutlich steigern.
Hast Du nun Muskelmasse zugelegt? Nein, denn es handelt sich lediglich um neuronale Anpassungen ohne signifikantes Muskelwachstum.
In der vierten Woche sind die neuronalen Anpassungen vollendet und der Fortschritt stagniert langsam. Die meisten Leute können die Leistung in der vierten Woche nicht mehr steigern.
Da in der vierten Woche wie beschrieben der Fortschritt stagniert, wir der Trainingsplan gewechselt. Es kommen neue Übungen und neue Methoden zum Einsatz. In der ersten Woche ist die Leistung wieder bescheiden, weil sich alles ungewohnt anfühlt. In Woche zwei kommst Du so langsam in einen Flow, Du machst die ersten Fortschritte. Woche drei ist die Woche mit dem grössten Fortschritt aufgrund der schnellen neuronalen Anpassungen Woche 4 ist der Zeitpunkt der ersten Stagnation.
Es ist immer wieder das gleiche Schema, du bewegst Dich sozusagen im Kreis, da Du nie wirklich neue Muskelmasse aufgebaut hast und die meisten Anpassungen neuronaler Art waren.
Beim Krafttraining ist Dein Körper permanent unter Stress und er wird sich so adaptieren, dass er in der gleichen Stresssituation besser vorbereitet ist und es besser handhaben kann.
In diesem und vielen weiteren Vorgängen sucht Dein Körper immer nach der einfachsten Lösung. Die neuronale Effizienz zu verbessern ist für den Körper die einfachere Lösung als neue Muskelmasse zu bilden. Stell Dir bildlich die Neubildung von Muskeln im Vergleich zur Verbesserung neuronaler Abläufe vor. Was ist einfacher? Die Antwort liegt auf der Hand.
Des Weiteren würde Dein Körper in Zukunft mehr Energie benötigen, falls er neue Muskelmasse bilden würde. Daher wird er dies auf jeden Fall versuchen zu vermeiden, es sei denn es bleibt ihm keine andere Wahl.
Wenn er die Wahl zwischen dem Bilden von Muskelmasse und neuronalen Anpassungen hat, wird er in den meisten Fällen das letztere bevorzugen.
Damit Du wirklich Muskelmasse aufbaust, muss Dein Körper wortwörtlich erschöpft sein von den neuronalen Anpassungen. Erst dann wird er Muskelmasse aufbauen.
Darum gilt: Wenn Du Dein erstes Plateau in Deinem neuen Trainingsplan erreichst, dann öffnet sich das Türchen für das Muskelwachstum, sofern Du regelmässig und hart trainierst.
Schau Dir die Trainingspläne der stärksten und muskulösesten Jungs an. Sie wechseln Ihren Trainingsplan sehr selten.
Du denkst nun wahrscheinlich „gut, dann trainiere ich das ganze Jahr mit dem gleichen Trainingsplan“ – nein, so ist das auch nicht gemeint.
Ich komme nochmals zurück auf die starken Jungs wie Arnold Schwarzenegger oder Dorian Yates. Was machen sie, um die Muskulatur zu stimulieren? Sie spielen vor allem mit dem Volumen, das heisst sie ändern die Anzahl Sätze der Übungen und auch das Wiederholungsschema. Ab und zu wird auch die Trainingsmethode geändert, die Grundübungen sind jedoch immer enthalten und werden nicht oft gewechselt.
Was heisst das nun für Dich? Wenn Dein Ziel schnelle neuronale Adaptionen ist (kann vor allem im Kraftsport wie Olympic Lifting oder Powerlifting Sinn machen), dann kannst Du die Übungen öfter wechseln. Wenn Du hingegen Muskelmasse zulegen möchtest, solltest Du die Übungen nicht zu häufig wechseln.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer gezielten Variation, das heisst Du behältst die Grundübungen in Deinem Plan, änderst aber die Bedingungen, Trainingsmethoden und Ladeschemen.
Zum Beispiel könntest Ketten oder Power Bänder beim Bankdrücken verwenden, umso die Kraftkurve anders zu beanspruchen. Eine weitere Möglichkeit ist das Wechseln von Intensitäten (andere Wiederholungszahlen) von Woche zu Woche, um das Muskelwachstum zu forcieren. Oder Du verwendest Drop Sets und andere Intensitätstechniken – es gibt viele Optionen, behalte jedoch die Grundübungen immer in Deinem Plan.
An dieser Stelle möchte ich mich wieder herzlich für das Lesen meines Blogs bedanken. Vielen Dank auch für das Teilen meines Artikels auf Social Media.